2.4.1 Grenzen Europas

2.4.1 Grenzen Europas

Einleitung

Das Thema Europa wird in der Öffentlichkeit in Hinblick auf sozioökonomische, kulturelle und vor allem politische Probleme breit diskutiert. Manche dieser Diskussionen führen zur Frage, wie denn Europa überhaupt abzugrenzen sei. Gerne kommt dann ein „geographisches Europa“ ins Spiel, worin sich die Vorstellung widerspiegelt, dass die Geographie als etablierte Wissenschaft ein klar definiertes Territorium namens Europa kenne. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr kennt die Geographie einen langen innerfachlichen Diskurs über die Territorialität Europas (Beitrag von Schultz in Reuber et al. 2012) und öffnet sich seit jeher auch entsprechenden außerfachlichen Diskursen. Denn das Fach hat kein Monopol auf die Festlegung von Territorien, sondern kann nur deren Konstruktion kritisch begleiten, kommentieren oder dekonstruieren. Im Zuge dieses Kapitels werden die Grenzen Europas mit Schwerpunkt auf die Ostgrenze(n) thematisiert.

Didaktik

 zum Bereich navigieren


Erklärung

Ostgrenzen Europas

Die wohl am weitesten verbreitete Vorstellung und die häufigste Antwort auf die scheinbar so einfache Frage, was Europa sei, lautet: „Europa ist ein Kontinent“. Dies impliziert die Frage, was ein Kontinent ist. Ein solcher wird meist als Festlandmasse definiert, mit oder ohne dezidierter Nennung der diese umgebenden Meere. Damit entsteht zum einen die Notwendigkeit, eine Mindestgröße der Festlandmasse bestimmen zu müssen, um Kontinente von Inseln zu unterscheiden, und zum anderen das Problem, dass die solcherart definierten Räume unterschiedlich abgegrenzt werden und ihre Zahl variieren kann (die Karte auf Wikipedia 2016 wechselt alle paar Sekunden zwischen 5, 6 und 7 Kontinenten). Konkret für Europa besteht ein „Defizit einer allseitigen Meerumgrenzung“ (Lichtenberger 2005, 12), weil es im Osten mit der asiatischen Festlandmasse zusammenhängt. Der hierfür vorgeschlagene Begriff „Eurasien“ konnte sich nur in bestimmten wissenschaftlichen Kontexten (z.B. Plattentektonik) durchsetzen.

Daher gibt es eine lange Diskussion um die Abgrenzung Europas von Asien, mit dem Ergebnis, dass die Zahl der Autorinnen und Autoren, die Abgrenzungen vorgeschlagen haben, ungefähr jener der Abgrenzungen entspricht. Dabei wird interessanterweise die Uralgrenze so häufig verwendet, dass man den Eindruck gewinnen könnte, es herrsche über sie Konsens (zumal sie in vielen Quellen, auch Schulbüchern, unreflektiert und somit die „Wahrheit“ suggerierend reproduziert wird). Dies ist jedoch keineswegs der Fall, vielmehr handelt es sich um eine von vielen Möglichkeiten – in Zusammenhang mit der Europäisierung Russlands vom schwedischen Gelehrten Strahlenberg 1730 vorgeschlagen (Fassmann 2002, 30) – die obendrein in ihrer südlichen Fortsetzung zum Schwarzen Meer besonders viele Varianten (z.B. Manytsch-Niederung vs. Kaukasus-Hauptkamm) kennt.

Auch die wohl ebenso häufig verwendete Bosporus-Grenze entspringt bestimmten, in diesem Fall bereits auf die Antike zurückgehenden Denktraditionen und kann, auch wenn dies selten geschieht, in Frage gestellt werden. Somit muss das Konzept „Europa als Kontinent“ (mit einer klaren, eindeutigen Grenze) als problematisch gelten, weil es eben keine eindeutige Abgrenzung des europäischen Territoriums liefert.


Quelle und Bearbeiter

Quellenverzeichnis

Lehrplan Geographie und Wirtschaftskunde, AHS Unterstufe/NMS:
https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs9_784.pdf?61ebyf

Lehrplan Geographie und Wirtschaftskunde, AHS Oberstufe:
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008568

Lehrpläne BHS (HLW und Tourismusschulen, HAK, HTL, BAfEP):
https://www.abc.berufsbildendeschulen.at/downloads/?kategorie=24

Autorinnen und Autoren

Texte zu den Karten:
Mag. Michael Lieb (2020)

Arbeitsmaterialien:
Mag. Michael Lieb (2020)

Lehrplanbezüge:
Mag. Michael Lieb (2020)

Mögliche Lernziele:
Mag. Michael Lieb (2020)

Web-Bearbeitung:
Christian Lieb MSc. (2019)

Redaktionelle Bearbeitung:
Nora Schopper BA MSc


Didaktik

Die formulierten Lehrplanbezüge versuchen das jeweilige Thema mit verschiedenen Lehrplaninhalten bzw. Lehrplanforderungen zu verknüpfen. Die möglichen Lernziele, welche mittels des Themas des Schulatlas erreicht werden sollen bzw. können, orientieren sich an den in den Lehrplänen enthaltenen Lerninhalten bzw. -zielen.  Wichtig ist dabei zu beachten, dass die alleinige Bearbeitung der Themen und Arbeitsmaterialien des Schulatlas Steiermark die Erreichung der Lernziele nicht garantieren kann. Eine Einbettung dieser in eine umfassendere, sinnvolle sowie zielorientierte Unterrichtsvorbereitung ist dafür notwendig.

Lehrplanbezüge und Lernziele für die „Grundstufe“ sind immer auf den Sachunterricht ausgelegt. Jene der „Sekundarstufe I“ und „Sekundarstufe II“ beziehen sich auf den aktuell gültigen AHS-Lehrplan, wobei erstgenanntes auch die MS umfasst. Bei Lehrplanbezügen und Lernzielen der BHS-Schulformen, sofern nichts zusätzlich in Klammer angemerkt ist, sind folgende Fächer gemeint: HLW und Tourismusschulen =  Globalwirtschaft, Wirtschaftsgeografie und Volkswirtschaft; HAK = Geografie (Wirtschaftsgeografie); HTL= Geografie, Geschichte und Politische Bildung; BAfEP = Geografie und Wirtschaftskunde. Nach den formulierten Lernzielen ist in Klammer der Bezug zum jeweiligen Lehrplan und Unterrichtsfach sowie der jeweilige Anforderungsbereich (AFB I, II, III) angegeben.

Lehrplanforderungen Sekundarstufe I – Geographie und Wirtschaftskunde.

4. Klasse:
Gemeinsames Europa – vielfältiges Europa:

  • Die Vielfalt Europas – Landschaft, Kultur, Bevölkerung und Wirtschaft– erfassen.
  • Informationen über ausgewählte Regionen und Staaten gezielt sammeln und strukturiert auswerten.
  • Erkennen, dass manche Gegenwarts- und Zukunftsprobleme nur überregional zu lösen sind, um damit die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit gesamteuropäischen Fragen zu fördern.

Lehrplanforderungen Sekundarstufe II – Geographie und Wirtschaftskunde

5. Klasse (1. und 2. Semester):
Die soziale, ökonomisch und ökologisch begrenzte Welt.
Gliederungsprinzipien der Erde nach unterschiedlichen Sichtweisen reflektieren.

  • Gliederungsmöglichkeiten der Erde nach naturräumlichen, kulturellen, politischen und ökonomischen Merkmalen analysieren.
  • Interessensgebundenheit von Gliederungen vergleichen.
  • Geographien durch Zonierungen/Gliederungen/Grenzziehungen machen und reflektieren.

6. Klasse (3. Semester):
Kompetenzmodul 3:
Vielfalt und Einheit – Das neue Europa.
Raumbegriff und Strukturierung Europas diskutieren.  

  • Gliederung Europas nach naturräumlichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Merkmalen vergleichen.
  • Heterogene räumliche und ökonomische Auswirkungen des Integrationsprozesses der Europäischen Union untersuchen.
  • Europa-Konzepte kritisch reflektieren.

6. Klasse (4. Semester):
Kompetenzmodul 4:
Vielfalt und Einheit – Das neue Europa.
Wettbewerbspolitik und Regionalpolitik bewerten.

  • Maßnahmen und Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes erörtern.
  • Räumliche Disparitäten theoretisch begründen und anhand ausgewählter Beispiele veranschaulichen.
  • Träger, Instrumente, Funktionsweise und Ziele der Wettbewerbs- und Regionalpolitik erkennen und kritisch bewerten.
  • Regionale Entwicklungspfade vergleichen.
  • Anhand ausgewählter Beispiele die Veränderungen in Raum, Wirtschaft und Gesellschaft durch Beitritt und Mitgliedschaft in der Europäischen Union erörtern.
  • Die Bedeutung grenzüberschreitender Zusammenarbeit für die Raumentwicklung erfassen.
  • (National)Staatlichkeit und Bildung neuer europäischer Regionen hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit reflektieren.

Lehrplanforderungen BHS

HAK:
I. Jahrgang (1. und 2. Semester):
Räumliche Orientierung:

  • Kartografie und geografische Informationssysteme, topografische Grundlagen und Orientierungswissen.

II. Jahrgang (3. Semester):
Kompetenzmodul 3:
Räumliche Orientierung:

  • Topografische Grundlagen.

Lebens- und Wirtschaftsraum Europa:

  • Divergenzen und Konvergenzen europäischer Regionen und Staaten, europäischer Einigungsprozess und EU-Erweiterung, Strukturen der EU, europäische Regionen bzw. Staaten außerhalb der EU.

HLW und Tourismusschulen:
III. Jahrgang (5. Semester):
Kompetenzmodul 5:

  • Grundlagen der Geografie (Orientierung mit unterschiedlichen kartografischen Medien, physiogeografische Grundlagen).

V. Jahrgang (9. Semester):
Kompetenzmodul 9:

  • Ökonomische und regionale Entwicklungen in Europa, Nordamerika, in der Russischen Föderation und im westpazifischen Raum.
  • Europäische Integration, europäische Staaten innerhalb und außerhalb der EU.

HTL:
IV. Jahrgang:

  • Lebensraum Europa im Überblick; Grundfreiheiten der EU; Konvergenzen und Divergenzen Europas; Formen der europäischen Integration; Wettbewerbs- und Regionalpolitik; internationale Zusammenarbeit; volkswirtschaftliche Zusammenhänge Österreich – Europa; Regionalplanung im europäischen Kontext.

BAfEP:
IV. Jahrgang (7. Semester):
Kompetenzmodul 7:
Bereich „Ökonomie“:

  • Europa: Entwicklungen, ausgewählte Wirtschaftssektoren und -regionen, regionale Disparitäten, Binnenmarkt, Währungsunion, Grundfreiheiten.

Die Schülerinnen und Schüler können…

  • Gegenwarts- und Zukunftsprobleme als überregionale und europäische Probleme erkennen und Lösungsstrategien entwickeln. (Sekundarstufe I – Geographie und Wirtschaftskunde / AFB III)
  • Grenzziehungen als Folge von Interessenkonflikten erkennen und diese reflektieren. (Sekundarstufe II – Geographie und Wirtschaftskunde / AFB III)
  • Gliederung Europas nach naturräumlichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Merkmalen vergleichen und mit Grenzziehungen in Verbindung setzen. (Sekundarstufe II – Geographie und Wirtschaftskunde / AFB II)
  • die Bedeutung grenzüberschreitender Zusammenarbeit für die Raumentwicklung erläutern. (Sekundarstufe II – Geographie und Wirtschaftskunde / AFB II)
  • europäische Regionen und Staaten außerhalb der EU charakterisieren. (HAK / AFB II)
  • europäische Integration in Verbindung mit europäischen Staaten innerhalb und außerhalb der EU erläutern. (HLW und Tourismusschule / AFB II)
  • einen Überblick über den Lebensraum Europa und damit verbundenen Grenzen geben. (HTL / AFB I)
  • die Gründungsidee und die Entwicklung der EU unter Bezugnahme der europäischen Grenzen erläutern. (BAfEP / AFB II)